Die Telekom Baskets Bonn haben Point Guard Talor Battle vom französischen Erstligisten Cholet Basket verpflichtet. Das Gerücht, was sich schon von Twitter bis Schönen-Dunk verbreitete, wurde mittlerweile auch vom Verein bestätigt. Battle erhält einen Vertrag bis zum Saisonende und wird damit die geschwächte Guard-Rotation der Baskets verstärken.
Wer Talor Battle überhaupt ist und wie ihn sein Weg nach Bonn geführt hat, lest ihr hier!
Die ersten Schritte
Talor Battle kennt sich mit Herausforderungen aus: Aufwachsend mit 8 Geschwistern und einer allein erziehenden Mutter ist jeder Tag voll von ihnen. Seine Familie hat nicht viel Geld, kein großes Haus – das Einzige was sie haben, ist sich selbst. So lernt Talor jeden Tag auf’s Neue, wie wichtig der Zusammenhalt untereinander ist. Schon früh erkennt er, dass er schneller als die anderen Kinder in seinem Alter erwachsen werden muss und anders, als viele junge Basketball-Talente glänzt der junge Talor in seinen High-School-Jahren nicht nur auf dem Parkett, sondern auch im Klassenraum mit guten Leistungen.
Als Mitglied der National Honor Society (dt.: Nationale Ehren-Gesellschaft) werden Talor Battle in seiner High-School-Zeit Spitzenleistungen in den Bereichen Wissenschaft, Führungsqualität, Leistungsbereitschaft und Charakter bescheinigt. Sein ehemaliger Coach an der Bishop Maginn High School spricht ihm schon damals eine außerordentliche Reife zu und betont, dass Talor schon früh verinnerlicht habe, dass er nicht nur auf dem Basketballfeld hart arbeiten müsse, um im Leben voran zu kommen. Selbst als er schon längst als einer der besten Spieler in seinem Bezirk gilt, ist sich der Pointguard nicht zu schade, für den ein oder anderen zusätzlichen Dollar, nach seinen Spielen den Müll in der Halle aufzusammeln.
Das Leben am College
Bevor er den Schritt zum College macht, hält das Schicksal jedoch noch eine weitere Herausforderung für ihn bereit: Talor bricht sich den Knöchel – eine gravierende Verletzung für jeden Sportler, vor allem aber für einen Spieler auf seiner Position. “Es war sehr frustrierend für ihn”, erinnert sich der Physiotherapeut der Bishop Maginn High School. Viele Collegeteams schrecken damals davor zurück, einem Spieler mit solch einer Verletzung ihr Vertrauen auszusprechen. Doch Talor setzt all das um, was sein Physio von ihm fordert, erholt sich von seiner Verletzung und erkämpft sich das Vertrauen der Pennsylvania State University.
Schon in seinem ersten Collegejahr darf Battle bereits im zweiten Spiel als “Nittany Lion” von Beginn an ‘ran – und gibt den Starter-Posten bis zum Ende der Saison nicht mehr ab. “Er war schon immer ein Anführer. Seine Rolle in seiner Familie hat ihm geholfen auch bei uns ein Anführer zu werden”, beschreibt Penn State Headcoach Ed DeChellis seinen ehemaligen verlängerten Arm.
Got game?
Mit einer Größe von 1,82 Meter (mit Schuhen) und einem Gewicht von ca. 78 kg ist Talor Battle physisch alles andere als eine imposante Erscheinung. Das hält ihn aber nicht davon ab an seiner Universität den Rekord für die meisten Assists in einer Saison zu brechen und sich als bester Punktesammler in der Geschichte der PSU zu verewigen. Wie er es bereits sein Leben lang gewöhnt ist, muss Talor auch für seine neue (Basketball-)Familie Verantwortung übernehmen – und das in nahezu allen Aspekten des Spiels. So erzielt er in seinem zweiten Jahr am College im Schnitt 16 Punkte (darunter 93 erzielte 3er), sichert sich 5 Rebounds und verteilt zusätzlich noch 5 Assists – allesamt Bestwerte seines Teams. Nur in Steals belegt das Leichtgewicht den zweiten Platz – eine Kategorie, die er jedoch im darauffolgenden Jahr ebenfalls anführen wird.
Bei soviel Variabilität ist er für den Gegner schwer zu kontrollieren. Ausgestattet mit einem schnellen ersten Schritt und einem gutem Wurf müssen Gegenspieler stets damit rechnen, dass Talor an ihnen vorbei zieht, sollten sie ihn zu eng bewachen. Lassen sie ihm jedoch zu viel Platz, so bestraft er dies mit dem Dreipunktewurf. “Er kann jeden Wurf nehmen und jeden Wurf treffen. Das ist das Schwierigste [daran gegen ihn zu spielen].” gab einmal Zack Novak, Gegenspieler der Michigan State Universität, zu Protokoll.
Talor Battle mit den Top-Plays 6, 5 und 3:
Die Webseite DraftExpress.com teilt diese Beobachtung und bescheinigt Talor Battle die Fähigkeit “sowohl aus dem Dribbling als auch in Catch-and-Shoot Situation gleichermaßen stark zu sein”. Trotz seiner geringen Größe und trotz der Tatsache, dass Battle in jedem Spiel im Fokus der gegnerischen Verteidigung stehe, fände er Wege sich seinen Wurf zu kreieren. Dabei kompensiere er die mangelnde Größe und Defizite in der Athletik mit hoher Kreativität im Abschluss und einer beeindruckenden Anzahl an Floater-Varianten. Zwar habe er durch seine physischen Vorraussetzung nicht die Klasse, um auf NBA-Level offensiv wie defensiv mitzuhalten, so die Einschätzung von DrafExpress weiter, jedoch würden ihm seine erstklassigen Wurffähigkeiten und sein gutes Gespür für das Spiel eine solide Karriere in Europa ermöglichen.
Angeführt von Talors starken Leistungen schaffen es die PSU Nittany Lions, sich zum ersten Mal seit 10 Jahren im prestigeträchtigen NCAA-Tunier einen Startplatz zu sichern. Trotz 23 Punkten von Battle verliert Penn State jedoch in der zweiten Runde des Tuniers gegen die Rivalen der Temple University und scheidet aus. Obwohl ihm die ganz großen Erfolge verwehrt bleiben, blickt der 23-Jährige zufrieden auf seine College-Karriere zurück: “Es war eine großartige Erfahrung. Wir hatten zwar einige Höhen und Tiefen, aber genau das hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Manchmal ist es nicht ganz so einfach, aber es kommt darauf an, wie man aus solchen Situationen lernt und eine passende Antwort findet.”
Die Karriere am Scheideweg
Talor meldet sich zur NBA-Draft an, wartet aber vergeblich darauf, dass eines der 30 NBA-Teams seinen Namen ruft. Obwohl Mannschaften wie die Washington Wizards, Sacramento Kings und Oklahoma City Thunder vor dem Draft ihr Interesse bekundigen, ereilt ihn das gleiche Schicksal wie College-Kollege Ben Hansbrough: Er geht an diesem Abend leer aus. Hansbrough, ebenfalls ein Star an der Universität, wird kurz darauf von Bundesliga-Rivale FC Bayern München verpflichtet. Talors Weg führt ihn ebenfalls nach Europa.
Als Rookie unterschreibt er in Frankreichs erster Liga bei Cholet Basket und kommt in 6 Liga-Spielen in gut 17 Minuten auf 8 Punkte und 3,5 Vorlagen. Dass er auch im Profi-Basketball mehr als nur Schritt halten kann, zeigt er in der Qualifikation für die Euroleague gegen Cibona Zagreb: In den ersten 6 Minuten seiner Einsatzzeit erzielt er 15 Punkte, darunter 6 Freiwürfe und 3 Dreier.
Bei vielen Neuverpflichtungen, die erst im Laufe der Saison erfolgen, ist es so, dass die Spieler Wochen oder Monate keinem Verein angehören und dadurch etwas Rost ansetzen. Da der Neu-Baskets jedoch noch bis zuletzt in Frankreich strukturierten Basketball auf hohem europäischen Niveau gespielt hat, wird er – so denken wir – die medizinischen Tests locker bestehen und schon am Sonntag gegen Braunschweig ordentlich Einsatzzeit erhalten.
Trotz geringer Körpergröße – Dunks funktionieren (so halbwegs):
Ausblick
In Bonn freut man sich schon auf die Dienste des Neuankömmlings. Laut Trainer Mike Koch passe Talor Battle mit seinen Fähigkeiten als Passgeber und Scorer genau ins Anforderungsprofil. Dabei ist er jedoch anders als Baskets-Aufbau Jared Jordan, nicht der klassische Pass-First-Point-Guard, sondern eher ein Spieler, der zwar den eigenen Abschluss sucht, dabei aber nicht den besser postierten Mann übersieht. Da Battle auf beiden Guard-Positionen eingesetzt werden kann, ermöglicht dies neue taktische Möglichkeiten für Koch.
Als Ersatzmann für Jordan wird er dem Aufbauspieler wertvolle Pausen verschaffen können, ohne dass ein allzugroßer Bruch im Spiel bemerkbar sein wird – etwas was in dieser Saison nur selten der Fall war. Gemeinsam mit Jordan auf dem Feld könnte das eh schon flotte Offensiv-Spiel der Baskets noch einen Gang höher schalten. Vor allen Dingen bekommt aber die Bank durch Battles Ankunft einen gehörigen Offensivschub – beschreiben ihn doch viele Seiten als Instant-Offense.
Die Baskets und allen voran Mike Koch sind nicht für voreilige Entscheidungen bekannt. Noch letzte Woche hieß es, dass man sich mit etwaigen Verstärkungen noch Zeit lassen und den Markt in Ruhe sondieren wolle. Dass nun doch deutlich vor der Wechselfrist im Februar 2012 ein neuer Spieler verpflichtet worden ist, könnte bedeuten, dass Talor Battle ein absoluter Wunschkandidat und sehr wahrscheinlich auch ein Glücksgriff ist.
Vielleicht war der Spieler auch schon vor der Saison auf dem Radar der Scouting-Abteilung, ehe sich der Guard für Cholet entschied. Und nachdem Battles Dienste in Frankreich nichtmehr gebraucht wurden, schlugen die Baskets im zweiten Anlauf zu – aber das ist reine Vermutung.
Weitere Videos zu Talor Battle aus Cholet:
- Top 3: Assist vs. Saloniki
- Top 3: Steal & Dunk vs. Strasbourg
- Top 4: Fastbreak Dunk vs. PAU
- Top 5: Assist vs. Nanterre
Highlight-Video aus seiner College-Saison 2008/2009:
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